Wir haben mit Freya aus Kassel zu Sexismus in der Schule gesprochen und wie dagegen Widerstand geleistet werden kann.
Position: Wie äußert sich Sexismus in der Schule?
Freya: Wir leben in einer Gesellschaft, in der klassische Frauenberufe schlechter entlohnt werden als klassische Männerberufe, Frauen auch bei gleicher Arbeit weniger verdienen und ganz überwiegend den Haushalt schmeißen, die Erziehung der Kinder und die Pflege von Angehörigen übernehmen. Davon profitieren die Konzerne, die sich Lohnkosten sparen und die die Milliarden Subventionen bekommen, die der Staat dank der Arbeit der Frauen einsparen kann. Die Realität der doppelten Ausbeutung der Frau hat eine lange Geschichte und Tradition und spiegelt sich in allen Bereichen unseres Lebens wieder. So auch in der Schule. Egal, ob in Erwartungshaltungen von Lehrern, dass die Schülerinnen besonders fleißig, höflich und ordentlich sein müssen oder in Schulbüchern, in denen klassische Rollenbilder dargestellt werden, aber nicht, dass auch Frauen sich gemeinsam mit ihren männlichen Kollegen erfolgreich für bessere Arbeitsbedingungen, mehr Kita-Plätze und für ein Recht auf Abtreibung einsetzen können. Besonders ätzend wird es, wenn sich die gesellschaftliche Abwertung der Frau als Sexobjekt in der Schule zeigt und es zu Grabschereien und entwürdigenden Anmachsprüchen durch Lehrer und Mitschüler kommt. Die immer krassere Konkurrenz in der Schule begünstigt so ein abwertendes Verhalten. Schulen reagieren zum Beispiel so darauf, dass „nuttige“ Kleidung durch die Kleiderordnung verboten wird, weil sich die männlichen Schüler sonst nicht konzentrieren könnten. Damit wird dieses gesellschaftliche Problem individualisiert.
Hast du während deiner Schulzeit auch Sexismus erlebt?
Freya:Ich denke, jeder hat das. Ein besonders krasses Problem hatten wir mit unseren Physiklehrer in der neunten Klasse. Er hat eigentlich in jeder Stunde irgendeinen sexistischen Spruch rausgehauen. Zum Beispiel hat er einer Schülerin unterstellt, sie hätte eine Schaltung aus Zufall richtig aufgebaut. Als die Schülerin das bestritten hat, fiel irgendwann der Satz: „Sagst du das auch, wenn dein Mann dir Haushaltsgeld gibt und du dir davon Schuhe kaufst?“. Einmal kam er in der Pause zu uns Mädchen und hat mir und einer Freundin seinen Arm um die Hüfte gelegt und uns aufgefordert uns stärker vorzubeugen (also den Hintern rauszustrecken). Dazu passte gut, dass er auf seinem Youtube-Channel sexistische Schlager gesungen hat (zum Beispiel „Willenlos“ von Westernhagen).
Wie habt ihr euch dagegen gewährt und wie könnte zu dem Thema an Schulen gearbeitet werden?
Freya: Irgendwann hat sich in einer Freistunde die Gelegenheit ergeben, dass wir mit den meisten Mädchen aus unserer Klasse darüber gesprochen haben. Wir haben darüber gesprochen, wie ätzend wir das Verhalten finden, dass uns das nicht nur in der Schule begegnet und dass man sich das nicht gefallen lassen darf. Wir haben vereinbart, dass wir probieren, immer etwas gegen seine Sprüche zu sagen. Direkt in der nächsten Stunde haben wir, als es um berufliche Vorstellungen ging, ihm alle nacheinander gesagt, dass wir Bauarbeiter oder ähnliches werden wollen. Diese gemeinsame Solidarität hat gut getan und Mut gemacht. Eine weiterer guter Anlass um an der Schule zu dem Thema aktiv zu werden, ist der internationale Frauenkampftag (8. März). In der Vergangenheit haben wir als SDAJ Gruppe gemeinsam mit mehreren Schülervertretungen Durchsagen und Quizwettbewerbe dafür vorbereitet.